Proben im digitalen Format – während der Corona-Pandemie
von Jürgen Korvin
Ich möchte meinem Bericht über die Probenarbeit der Kantorei während der Corona-Pandemie etwas vorwegschickten. Es ist nicht mein Ziel, detailgenau zu berichten. Dazu bin ich letztendlich auch gar nicht in der Lage, denn die Corona-Pandemie kapselte mich von vielem ab. Es gab keine persönlichen Kontakte, nur hin und wieder eine Information per E-Mail. Einige Informationen bekam ich erst im Nachhinein. Mein Ziel ist es zu beschreiben, dass sich Mittel und Wege fanden, unseren Chor zusammenzuhalten. Andere Gemeinschaften hatten es scher, nach dem Ende der Pandemie wieder in die Normalität zurückzukehren. Unserem Chor ist das erspart geblieben, dank guter Ideen und geschickter Hände. Dafür bin ich dankbar.
Die weltumfassende Corona-Pandemie, die massivstete des 21. Jahrhunderts, hatte drastischen Auswirkungen auf ganz viele Lebensbereiche der Menschen. Kontaktverbote und Maskenpflicht und die persönliche Sorge um die eigene Gesundheit hinterließen ihre Spuren.
Als Anfang Januar 2020 über das Virus berichtet wurde, ahnten vielleicht nur die Virologen, was da auf die Menschheit zukam. Erst am 5. Mai 2023 erklärte die WHO die internationale Gesundheitsnotlage formal für beendet, wohl wissend, dass das Virus nicht vollständig zu besiegen ist und sich auch weiterhin neue gefährliche Varianten bilden können.
Präsenzproben waren für die Kantorei eine lange Zeit nicht mehr möglich. An ihre Stelle traten nach einer Idee von Hannelore Höft digitale Proben, natürlich zur gewohnten Zeit am Freitag ab 19.30 Uhr. Sie saß zu Hause am Klavier. Die Chormitglieder folgten ihr – je nach technischer Ausstattung – mit Hilfe des Laptops, des Tablet oder des Smartphones.
Das Angebot, auf diese ungewöhnliche Weise miteinander zu proben, wurde gut angenommen. Das zeigte regelmäßig die Zahl der zugeschalteten Sängerinnen und Sänger. Nur scheinbar sprach und spielte Hannelore Höft „ins Nichts“. Eine Rückkoppelung in Form von Gesang gab es zwar nicht. Aber die Sängerinnen und Sänger verfolgten offensichtlich konzentriert den konkreten Hinweisen und Anweisungen ihrer Chorleiterin, die letztendlich nicht anders ausfielen als in einer Präsenzprobe.
Das bewies sich später bei der Aufführung des „Gloria“ von Vivaldi anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten „700 Jahre Stadtkirche“ im Jahr 2022. Für ein gelungenes Konzert waren nur noch wenige Präsenzproben vonnöten. Die Einstudierung, so Hannelore Höft, erfolgte zu 80 % digital und zu 20 % in Präsenz.
Frank Düppenbecker wagte in der Ev. Singschule ähnliches. Er erteilte Online-Einzelunterricht für Trompete, Posaune und Tuba. Hier gab es zwar einen akustischen Austausch, wobei dessen Qualität jeweils durch die eingesetzten Endgeräte und die Internet-Übertragungsrate bestimmt wurde.
Auch Hannelore Höft erteilte während der Pandemie einzelnen Chormitgliedern digitalen Gesangsunterricht.
Sie stellt in der Rückschau fest: „Die digitalen Proben des Chores förderten die Selbstständigkeit seiner Mitglieder im Umgang mit ihrer eigenen Stimme. Das trug sowohl zur Stärkung des Selbstbewusstseins der einzelnen Sängerinnen und Sänger als auch zu einer Verbesserung der Leistung des Chores bei.“
Die Kantorei kam mehr als nur glimpflich durch die schwere Zeit. Das lässt sie aber den Tod von Jörg Geschke nicht vergessen. Er starb am 28.01.2021 an den Folgen einer Corona-Infektion und fehlt seit dem nicht nur als Sänger, sondern zu allererst als Mensch.